Während meines dreiwöchigen Praktikums am Kunstgeschichtlichen Seminar der Universität Göttingen ist eine Zeichnung von Sandro Botticelli eingetroffen: die “Krönung Mariens”. Sie war zuvor als Leihgabe im Legion of Honor, dem berühmten Kunstmuseum in San Francisco ausgestellt. Das Bild des beliebten italienischen Renaissance-Malers kam in einer großen Klimakiste aus den USA. Wir Praktikant*innen waren begeistert und begleiteten die Kiste bis in das neue Druckgrafische Kabinett.
Krönung Mariens
Die großformatige Kompositionszeichnung „Krönung Mariens“ war ein Teilentwurf für das Altarbild „Marienkrönung mit vier Heiligen“ in der Florentiner Kirche San Marco. Das Bild befindet sich heute in den Uffizien. Botticelli hatte es in den Jahren von 1488 bis 1492 geschaffen. Die Zeichnung ist 225 x 381 Millimeter groß und zeigt den oberen Teil der Altartafel. Zu sehen ist die Krönung Mariens durch Gottvater. Sie sind umgeben von Cherubim und zwei Gruppen von singenden und musizierenden Engeln. Die Zeichnung spiegelt „in besonderem Maße eine Weiterentwicklung in Botticellis Umgang mit den Zeichenmaterialien und seine neugewonnene Sicherheit in der Gestaltung vielfältiger Kompositionen wider“, so der Kunsthistoriker Dr. Furio Rinaldi.
Botticelli Drawings
Die Ausstellung “Botticelli Drawings” des Legion of Honor Fine Arts Museum of San Francisco fand vom 19. November 2023 bis zum 11. Februar 2024 statt. Sie wurde von Rinaldi kuratiert. Der Experte für Alte Meister, Zeichnung und Grafik setzte erstmals einen Fokus auf Sandro Botticelli als Zeichner. Nur wenige Zeichnungen – rund 30 – existieren von ihm. Deshalb
war die Ausstellung auch so bedeutsam. Ein Grund, warum die Leihgabe 2020 von den Göttinger Kunsthistoriker*innen genehmigt wurde. Die Ausstellung schaffte es sogar in die New York Times. Hier beschrieb sie die Autorin Karen Rosenberg folgendermaßen: „Diese Ausstellung widersteht dem Druck, Botticelli zu einem Blockbuster zu machen, und bleibt dem Material (das begrenzt ist) … und Botticellis Eigenarten (die vielfältig sind) treu.“ [”Resisting the pressure to blockbusterize Botticelli, this exhibition is true to the material (which is limited in quantity) … and to Botticelli’s quirks (which are manifold).“]
Das Öffnen der Klimakiste
Zurück in Göttingen. Nach der Ankunft der Klimakiste lagerte diese eine Woche lang in den Räumen der Druckgrafischen Sammlung, um sich zu akklimatisieren. Am 5. März 2024 war es dann so weit: Die Kustodin der Kunstsammlung Dr. Anne-Katrin Sors und die Restauratorin Anika Montini öffneten die Kiste. Wir Praktikant*innen unterstützten sie dabei tatkräftig –
halfen, die vielen Schrauben herauszudrehen und die Zeichnung vorsichtig in den Räumen der Druckgrafischen Sammlung zu lagern. Diese sind so klimatisiert, dass die lichtempfindliche Zeichnung keinen Schaden nimmt. Danach haben wir die “Krönung Mariens” im alarmgesicherten und klimageschützten Depot der Kunstsammlung sicher verwahrt.