“Wir haben hier ein altes Haus, das vollkommen verbaut ist“, betont Felix Flechtner. Deshalb wollen er und sein Kollege das Gebäude wieder zum Atmen bringen. Das heißt, all die Verbauungen aus den letzten Jahrzehnten sollen wieder herausgenommen werden: nach dem Krieg eingezogene Wände, Türen, Decken. „Ich sehe diese riesengroßen Säle vor mir“, schwärmt Alexander Pfohl. Wer heute über die Baustelle streift, kann diese nur erahnen. Die Abrissarbeiten beginnen in den nächsten Wochen; dann werden die Strukturen des Baus aus dem 19. Jahrhundert deutlicher zu erkennen sein.
Damals war es das Naturhistorische Museum der Universität Göttingen, gegründet 1877. Den Göttingerinnen und Göttingern ist das Haus an der Berliner Straße 28 eher als Zoologisches Institut bekannt, dessen Museum bis vor kurzem ein 17 Meter langes Walskelett beherbergte. Jetzt soll hier ein modernes Wissensmuseum errichtet werden. Flechtner und Pfohl gehören zu seinen Architekten. Hinter ihnen stehen die Weimarer Architekturbüros „gildehaus.partner architekten“ und „Dr. Krause & Pfohl“. Was alle vereint ist der Wunsch, das Alte geschickt mit dem Neuen zu verbinden. Das Forum Wissen ist daher ein willkommenes Projekt.
Von der historischen Wandmalerei bis zum gläsernen Neubau
„Wir ringen täglich um die richtige Lösung“, betont Flechtner. Gefragt ist ein Bau mit Ausstellungsräumen und Café, Hörsaal und Labor, Depot und Werkstatt. Das neue Museum soll modern, nachhaltig, funktional sein – aber seinen historischen Charme nicht verlieren. „Wir haben Stuckreste und historische Wandgestaltungen gefunden“ – nicht viel für Pfohl, aber immerhin einiges, das erhalten werden soll. Die Architekten verstehen sich nicht nur als Erneuerer, sondern auch als Denkmalpfleger. Ihr Ziel ist es, die Großzügigkeit des alten Hauses wieder zu gewinnen.
Darüber hinaus planen sie einen gläsernen Neubau: ein lichtdurchflutetes, großes Atrium, das wie im antiken Rom die Besucherinnen und Besucher empfängt und zum Verweilen einlädt. Durch dieses Foyer werden sie in die Ausstellungen, zum Objektlabor oder zur nächsten Veranstaltung geleitet. Eine Herausforderung sind zudem die Fenster, denn die zukünftig im Forum Wissen ausgestellten Objekte müssen vor intensivem Licht geschützt werden. „Sie bekommen daher eine Art Sonnenbrille, die zurzeit entwickelt wird“, so Flechtner.
Was verbindet die beiden?
Der Niedersachse Flechtner ist gern wieder in Göttingen. Wöchentlich kommen er und Pfohl an die Leine, um den Bau zu begleiten. Beide zog es zum Studium in die Bauhaus-Stadt Weimar, während der „Wende“ eine aufregende Zeit. „Denkmalpflege war in der in der DDR von untergeordneter Bedeutung“, so Pfohl. Ab Anfang der 90er-Jahre aber konnte er sich auf diesem Gebiet ausprobieren. Eines seiner ersten Projekte war die „Rettung“ des Neuen Museums in Weimar. Die Modernisierung der Handweberei in Besenhausen geht unter anderem auf Flechtner zurück. Nun heißt ihr gemeinsames Ziel: das Forum Wissen. „Der Zeitplan ist sportlich“, bestätigt Flechtner. Ende 2019 soll das neue Wissenshaus eröffnet werden.