Im Jahr 1833 nahmen Carl Friedrich Gauß und Wilhelm Eduard Weber in Göttingen den ersten elektromagnetischen Telegraphen in Betrieb und übertrugen erstmalig Signale und Nachrichten auf elektromagnetischem Wege.
Der erste elektromagnetische Telegraph
„Der elektromagnetische Telegraph basiert auf der kurz zuvor entdeckten Tatsache, dass elektrische Impulse erzeugt werden, wenn sich ein Draht oder eine Drahtspule in einem Magnetfeld bewegt“, erklärt Daniel Steil, Kustos des Physicalischen Cabinets der Universität Göttingen. Diese Impulse wiederum können über eine Drahtleitung übertragen werden.
Der Sender des Telegraphen war ein Induktionsapparat, eine Spule aus Kupferdraht, die auf einen Magnetstab gesteckt wurde. Wenn die Spule nach oben oder unten bewegt wurde, entstanden durch Induktion kurze Stromimpulse.
Als Empfänger dienten ein Spiegel und ein Magnetstab, die an einem dünnen Draht angebracht waren. Sobald sich der Magnetstab durch einen elektrischen Impuls in der ihn umgebenden Spule bewegte, veränderte auch der Spiegel seine Lage nach links oder rechts. Dies wurde mittels eines Fernrohrs, das einen im Spiegel reflektierten Maßstab beobachtete, detektiert.
Telegraphiercodes und das Telegraphenalphabet
Gauß hatte bereits Telegraphiercodes entwickelt, in denen die Buchstaben und Zahlen als Kombinationen von Rechts-Links-Signalen verschlüsselt wurden.
Das Original des Gaußschen Telegraphenalphabets befindet sich heute in der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek. Eine Reproduktion ist im Raum „Schreibtisch“ im Forum Wissen ausgestellt.
Die Zeichenfolge unten rechts ergibt den Sinnspruch „Wissen vor Meinen, Sein vor Scheinen“. Senden und Empfangen dieser Nachricht nahm nach Gauß’ Angabe viereinhalb Minuten in Anspruch.
In Bezug auf das gezeigte Telegraphenalphabet erläutert Daniel Steil: „Spannend daran ist, dass Gauß zunächst eine Kodierung entwarf, bei der jeder Buchstabe durch 5 Rechts-Links-Signale repräsentiert war, was 2 hoch 5= 32 eindeutige Buchstaben erlaubt. So funktioniert heute auch Zeichenkodierung in Computern, jedes Zeichen wird durch eine feste Anzahl sogenannter Bits repräsentiert. Das war aber im Gebrauch zu zeitaufwändig, so dass Gauß dann ein morse-artiges Alphabet definierte, wo man eine minimale Zahl von Zeichen benutzt, aber zwischen Buchstaben definierte Pausen einhalten muss. Dies ist in dem Fall nötig, um zu wissen, wann ein Buchstabe gesendet wurde.“
Weber und Gauß
Die mehr als einen Kilometer lange Telegraphenleitung führte vom Physicalischen Kabinett über die Dächer und Türme Göttingens zur Sternwarte.
Gauß schrieb am 13. Juni 1833 an Alexander von Humboldt: „Unser Weber hat das Verdienst, diese Drähte gezogen zu haben (…) ganz allein. Er hat dabei unbeschreibliche Geduld bewiesen. Fast unzählige Male sind die 3 Drähte (…) wieder zerrissen. Endlich ist seit einigen Tagen (…) die Verbindung sicher hergestellt (…).“
Die Leitung aus zwei parallelen Drähten bestand zunächst aus Kupfer, dann aus Eisen ohne Isolierung und wurde durch Bindfaden mechanisch stabilisiert. Mehrfach wurde die Leitung durch die Witterung beschädigt und musste repariert werden.
Weber und Gauß waren Pioniere einer Technologie, die gemeinsam mit dem Eisenbahnwesen zu wesentlichen Veränderungen des Wirtschaftslebens im 19. Jahrhundert führte.
„Aus heutiger Sicht erstaunlich“, erläutert Daniel Steil, „bestand zunächst kein staatliches Interesse an der Erfindung von Gauß und Weber. Dies hing sicherlich damit zusammen, dass Preußen erst 1832 eine kostspielige optische Telegrafenstrecke von Berlin über Köln nach Koblenz aufgebaut hatte.“
Weitere Informationen
Der Text basiert auf einem Artikel von Arnulf Timm in „Wie der Blitz einschlägt, hat sich das Rätsel gelöst – Carl Friedrich Gauß in Göttingen“, erschienen im Univerlag Göttingen.
Eine Reproduktion des Gauß’schen Telegraphenalphabets ist im Raum „Schreibtisch“ des Forum Wissen zu sehen. Öffnungszeiten Di-So 10-18 Uhr.
Eine Replik des Gauß-Weber-Telegraphen, die Weber zur Weltausstellung 1873 in Wien präsentierte, ist im Physicalischen Cabinet der Uni Göttingen, Friedrich-Hund-Platz 1, 37077 Göttingen, zu besichtigen, ebenso wie weitere Exponate zu Gauß und Weber. Öffnungszeiten: Donnerstags, 12-14:00 h.