Im Sammlungsschaufenster des Forum Wissen bekommen Besucher*innen eine Kostprobe der vielfältigen Stücke aus der Sammlung antiker Originale des Göttinger Archäologischen Institut. Auf einem Glockenkrater strecken zwei Liebende die Hände nacheinander aus, während den Besucher*innen das Gesicht einer ägyptischen Mumie entgegenblickt. Neben diesen Stücken liegt schlafend ein kleiner Eros aus Mamor.
Antike Schätze für die Lehre
Die Sammlung umfasst zahlreiche Originalwerke aus der Antike wie Skulpturen, Keramik und verschiedene andere Gattungen des antiken Kunsthandwerks. Diese wertvollen Objekte werden, wenn sie nicht ausgestellt sind, sorgfältig in gesicherten Vitrinen und im Magazin des Instituts aufbewahrt.
Ein Großteil der Sammlung besteht aus typischen, weit verbreiteten Objekten, die für das Studium und die Lehre ausgewählt wurden. Anstelle von Seltenheiten finden sich hier häufige Fundstücke, die den Student*innen als Anschauungsmaterial dienen. Diese können so zum Beispiel lernen mit den unzähligen Scherben verschiedener Gefäße zu arbeiten. Einige davon sind auch im Sammlungsschaufenster und im Raum “Werkstatt” im Forum Wissen zu sehen. Diese Objekte unterstützen nicht nur den Erwerb archäologischer und museologischer Fähigkeiten, sondern bieten auch dem interessierten Publikum einen lebendigen Einblick in die materielle Kultur der Antike. Darunter sind auch einige wissenschaftlich bedeutende Originale, wie etwa einige berühmte Bronzestatuetten etruskischer Priester, die gelegentlich auch für internationalen Ausstellungen ausgeliehen werden.
Für eine ausführliche Geschichte der Sammlung sei der Text von Dr. Daniel Graepler “Die Sammlung antiker Originale im Archäologischen Institut der Universität Göttingen” empfohlen, der hier (https://www.uni-goettingen.de/de/document/download/8a4c95a0b8df8ca7e608de47efee6e5a.pdf/ORIGSLG2.pdf ) online verfügbar ist.
Der Wissenschaftler kennt die Geschichte der Sammlung deshalb so gut, weil er die Originalsammlung seit 1999 im Rahmen seiner Tätigkeit als Kustos aller Sammlungen des Göttinger Archäologischen Instituts betreut. Seine Arbeit ist sehr vielseitig und umfasst sowohl die Lehre als auch die Betreuung der Sammlung. An einem Arbeitstag übt er daher viele verschiedene Tätigkeiten aus. Er bereitet Ausstellungen vor und betreut sie während der Laufzeit. Darüber hinaus organisiert und übernimmt er Führungen, insbesondere für Schulklassen. In der Lehre arbeitet der Klassische Archäologe eng mit Student*innen zusammen. So bietet er in diesem Semester eine Übung zu den Vasen der Sammlung an, in der Student*innen unkategorisiertes Scherbenmaterial erstmals erfassen und in eine Datenbank einpflegen. Auch älteres Material wird neu bestimmt und kontinuierlich geordnet.
Restaurierung und Konservierung: Eine Kunst für sich
Neben Daniel Graepler ist Diplom-Restauratorin Jorun Ruppel für die Sammlungen zuständig, denn die Objekte müssen erhalten, oft aufwendig konserviert und regelmäßig auf Schäden untersucht werden. Die verschiedenen Materialien stellen dabei ganz unterschiedliche Herausforderungen dar: So müssen Metallobjekte beispielsweise vor Korrosion geschützt werden. Von der originalen Sokrates-Büste aus der Sammlung Wallmoden wiederum fertigt die Restauratorin einen Abguss an, der im Forum Wissen zu sehen ist.
Kann man antike Vasen einfach kaufen?
Da antike Fundstätten heute oft durch Raubgrabungen zerstört werden, ist der Erwerb “neuer” Funde problematisch. Um den illegalen Markt nicht weiter anzuheizen, möchte die Fachwissenschaft nur noch Objekte erwerben, die nachweislich schon lange ausgegraben sind und sich in Privatbesitz befinden. Langfristige Leihgaben von nicht ausgestellten Objekten aus Museen sind ebenfalls möglich. Gelegentlich werden auch Objekte aus dem Nachlass Verstorbener treuhänderisch übernommen, immer mit der Bereitschaft, sie bei berechtigten Ansprüchen an die zuständigen Institutionen zu übergeben.
Forschung an den Göttinger Vasen
Die Hauptaufgabe der Sammlung besteht in der fachlichen Betreuung des Materials. Für vertiefende Forschungen kommen häufig auswärtige Forscher*innen in die Sammlung, obwohl die Vasen der Sammlung in mehreren Bände in der renommierten Reihe “Corpus Vasorum Antiquorum” publiziert wurden. Klassische Archäologen haben hier die Vasen umfangreich beschrieben, datiert und mit vergleichbaren Objekten verknüpft. Diese Bände dienen heute den Student*innen als Grundlage, um Vasenfragmente zu bestimmen.
Zukunftsvisionen: Zugang für alle
Für die Zukunft wünscht sich Graepler, die Sammlung dauerhaft der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, insbesondere auch den Student*innen , für die sie ursprünglich gedacht war. Dies könnte durch eigene Ausstellungsräume oder wechselnde Sonderausstellungen geschehen. Eine verbesserte Inventarisierung und fotografische Digitalisierung ist ebenfalls in Arbeit, wobei die große Heterogenität der Objekte eine Herausforderung darstellt. Auch die Lagerung und Neuordnung der Sammlung ist ein aufwändiger Prozess.
Dieser Blick hinter die Kulissen zeigt die intensive Arbeit und das Engagement, die in die Pflege und Präsentation der antiken Schätze fließen. So tragen Daniel Graepler und sein Team dazu bei, die Objekte der Sammlung für zukünftige Generationen zu erschließen und zu erhalten.