Wer an der Uni Göttingen zu tun hat, kennt die GWDG! Die Gesellschaft für Wissenschaftliche Datenverarbeitung mbH Göttingen ist eine gemeinsame Einrichtung der Universität Göttingen und der Max-Planck-Gesellschaft. Doch dass diese Einrichtung auch eine Sammlung beheimatet, ist vielleicht weniger bekannt. Mehr dazu gibt es in diesem Blogartikel, der diese spezifische Sammlung und ihre Exponate im Sammlungsschaufenster im Forum Wissen genauer betrachtet.
Schon mal vorab: Die Ausstellung von Rechentechnik in den Gebäuden des Rechenzentrums der GWDG wurde 1980 begonnen. Doch das Rechnermuseum der GWDG an sich existiert so derzeit nicht mehr, die Sammlung ist aktuell nicht mehr öffentlich zugänglich. Viele der gesammelten Dinge der GWDG sind aktuell eingelagert. Darunter befinden sich auch Exponate vor der Zeit der GWDG-Gründung und auch vor einer Zeit, in der es die ersten Computer überhaupt gab. Umso schöner, dass wir einige Objekte der Sammlung jetzt im Sammlungsschaufenster zeigen können. Kustos Simon Heider hat die Objekte ausgewählt, die hier nun ausgestellt werden.
Technikgeschichte und Sammelleidenschaft
Hintergrund der Sammlung: Die Sammlung beruht auf der engagierten Sammelleidenschaft eines inzwischen verstorbenen GWDG-Mitarbeiters, der es sich zur Aufgabe machte Komponenten der alten Rechenanlagen vor der Verschrottung zu retten und diese dann in den Räumlichkeiten der GWDG am Fassberg zu präsentieren. Ziel war es einen vollständigen Überblick über die Entwicklung der Rechentechnik zu bieten. Das erzählt mir Simon Heider, Technischer Mitarbeiter bei der GWDG, der sich für die Sammlung und ihre Erhaltung engagiert. Simon Heider ist aktuell der Ansprechpartner für alle Fragen rund um die Sammlung der GWDG. Er gibt uns einige Einblicke in die Geschichte von Datenbanken, historischen Wissensspeichern, Eingabemedien, Informatik und vielem mehr! Auch bei der Bestückung des Sammlungsschaufensters war es ihm ein Anliegen, eine große Bandbreite der Sammlungsbestände abzubilden.
Gesammelt und vor der Verschrottung gerettet wurden beispielsweise die ersten Großrechner: laute und tonnenschwere Vorläufer der ersten Computer – beispielsweise ein UNIVAC Großrechner. Gesammelt und vor der Verschrottung gerettet wurden beispielsweise Komponenten früherer Computer: laute und tonnenschwere Großrechner – beispielsweise ein UNIVAC (Universal Automatic Computer). Früher mussten diese Rechner von Expert*innen bedient werden. Die Anlagen konnten ganze Stockwerke einnehmen. Mit 1 Million Operationen pro Minuten war die UNIVAC bei ihrer Anschaffung ein unerhört schneller Hochleistungscomputer — heutige Smartphones sind 1 Million mal schneller. Die Rechnerzeit, um ein Programm durchzuführen, war kostbar. Die Eingabe erfolgte bis in die 1970er Jahre Mittels Lochkarten und auch das Ergebnis wurde zunächst per Lochkarten ausgegeben mit denen dann bei Bedarf weitergearbeitet werden konnte. Die Rechnerzeit um ein Programm durchzuführen war kostbar. Im Forum Wissen werden zwei Schalttafeln der UNIVAC ausgestellt, die die Größe des gesamten Rechners erahnen lassen.
Ein Blick ins Sammlungsschaufenster im Forum Wissen
Die Objekte der Sammlung im Sammlungsschaufenster bilden verschiedene Aspekte des Datenerhebens, Sammelns, Informationsspeichern ab. Ihr könnt beispielsweise eine Rechenmaschine betrachten, einen Vorgänger der Taschenrechner. Um diese zu bedienen, bedufte es oft einiges an Fingerspitzengefühl und Konzentration.
Die Sammlung beruht auf der Initiative und Sammelleidenschaft einiger GWDG-Mitarbeiter*innen. In der immer komplexeren, technisierten Welt wurden innovative Techniken schnell wieder obsolet. Diese sind aber ein bedeutendes Zeugnis der Technikgeschichte. Die Ausstellung im Sammlungsschaufenster beinhaltet einen spannenden Teil an Technikgeschichte, viele der gesammelten Dinge sind der Generation der Millennials gar nicht bekannt.
Rechnen wie in alten Zeiten!
Simon Heider stellt uns unter anderem die historische Vier-Spezies-Maschine nach dem Staffelwalzenprinzip vor. Dabei handelt es sich um eines der ältesten Exponate der Sammlung. Ein Gerät, mit dem ihr theoretisch alle vier Grundrechenarten rechnen könnt. Die entsprechenden Beträge sind in das Zählwerk einzugeben, die Ergebnisse zeigt dann das Resultatwerk an. Die Bedienung der Rechenmaschine muss aber erstmal gelernt werden!
Solche Rechenmaschinen waren früher weit verbreitet. Sie stammen aus dem Anfang des 20. Jahrhundert. Auch ästhetisch ein interessantes Exponat.
Kabelsalat? Viel mehr als das!
Eine Kunstinstallation? Sieht aus wie Chaos, ist aber keins! Simon Heider zeigt uns, dass es sich auf jeden Fall lohnt, die von der GWDG bestückten Vitrinen genauer zu betrachten. Zunächst erkennt man hier nur Kabelsalat. Einige wichtige Details erschließen sich dann mit etwas Hintergrundwissen. Diese Kabel wurden auf einer sogenannten Schalttafel nach genauen Anleitungen genutzt, um verschiedene Programme zusammen ablaufen zu lassen. Dazu wurden die Kabel entsprechend gesteckt. Eine Technik, die präzise bedient werden musste und nichts für den Hausgebrauch war. Eine Technik zur spezifischen Datenverarbeitung, die heute kaum noch jemand kennt. Das Wissen, das damals für das korrekte Arbeiten mit den Geräten erforderlich gewesen ist, wird heute nicht mehr gebraucht.
Wissenswert!
QR-Codes an den Vitrinen des Sammlungsschaufensters im Forum Wissen führen direkt ins Sammlungsportal . Hier sind alle Objekte digital erfasst und mit zusätzlichen Informationen versehen. Wenn ihr euch die Exponate vor Ort anschauen wollt, das Forum Wissen ist Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Unser Sammlungsschaufenster findet ihr gleich gegenüber vom Haupteingang.