Über die erste Sonderausstellung im Forum Wissen, die Partnerschaft mit Künstler*innen aus Indonesien und der documenta fifteen – und warum “Nachhaltigkeit” Kunst und Forschung an der Uni Göttingen verbindet.
Forschung zu nachhaltiger Landnutzung
Im Zentrum der Sonderausstellung, die in Kooperation mit der documenta fifteen stattfindet, steht der Rohstoff Palmöl, der in zahlreichen Lebensmitteln und Kosmetika eingesetzt wird und eine wichtige Einnahmequelle für die lokalen Kleinbauern in Indonesien darstellt. Der Erfolg des Produkts und der Anbau der Ölpalmen in Form von Monokulturen wirkt sich jedoch negativ auf die Artenvielfalt von Pflanzen und Tieren aus.
Seit 2012 untersuchen Forscher*innen des Sonderforschungsbereichs “Ökologische und sozioökonomische Funktionen tropischer Tieflandregenwald-Transformationssysteme” (EFForTS) an der Universität Göttingen gemeinsam mit indonesischen Partner*innen die Auswirkungen der veränderten Landnutzung in der Provinz Jambi auf Sumatra. Palmölplantagen haben hier den Regenwald weitgehend verdrängt.
Der Mensch steht im Mittelpunkt
Im Rahmen des Projekts „Nachhaltiges Dorf“ arbeiten die Wissenschaftler*innen gemeinsam mit den Kleinbauern vor Ort an der Entwicklung und Umsetzung nachhaltiger Strategien für den Landbau und die damit verbundene Wertschöpfungskette. Das kann beispielsweise durch das Pflanzen einheimischer Nutzbaumarten geschehen, durch neue Vermarktungsmöglichkeiten für innovative Bioprodukte oder durch die eigene Produktion von Sämlingen, Kompost oder Dünger. Die Maßnahmen werden jedoch nicht von den Forschenden angeordnet, sondern von den Dorfbewohnern selbst gewählt und an die lokalen Bedingungen angepasst.
Im Fokus der wissenschaftlichen Untersuchungen stehen die Menschen und ihre sozialen, ökonomischen und ökologischen Lebensbedingungen. Sie werden nicht einfach zu Objekten der Forschung gemacht, wie lange Zeit in den westlichen Wissenschaften üblich, sondern sind als Akteur*innen beteiligt.
Als Kooperationspartnerin für dieses Vorhaben unterstützt die documenta fifteen es als eines von mehreren langfristig angelegten Nachhaltigkeitsprojekten. Aus dem Erlös jedes documenta fifteen-Tickets fließt ein Euro in die Förderung dieser Projekte.
Wissenschaft und Kunst erkunden Nachhaltigkeit
Die Darstellung der Forschung wird durch künstlerische Perspektiven des indonesischen Künstler*innenkollektivs Rumah Budaya Sikukeluang ergänzt. Das Kollektiv stellt ebenfalls die Menschen als aktiv Handelnde in den Mittelpunkt. Während eines mehrtägigen Festivals im März auf Sumatra hat das Kollektiv mit den Menschen vor Ort zahlreiche Ideen und Objekte zum Thema Nachhaltigkeit entwickelt, die in der Sonderausstellung präsentiert werden. So können Besucher*innen im Forum Wissen die soziale und ökologische Dimension des monokulturellen Anbaus von Ölpalmplantagen in Indonesien aus verschiedenen Blickwinkeln erleben.
Die Kombination künstlerischer Beiträge mit Objekten und Projektionen aus unterschiedlichen Forschungszusammenhängen zeigt die Parallelen zwischen gesellschaftsrelevanter Forschung und künstlerischem Aktivismus auf. Darüber hinaus bietet das Vermittlungsteam des Forum Wissen während der Ausstellungslaufzeit Veranstaltungen an und setzt Projekte zum Thema Nachhaltigkeit um, in die verschiedene lokale Akteur*innen, unter anderem Schulklassen, und die Öffentlichkeit eingebunden werden. Bis zum 26. Juni 2022 sind die Künstlerinnen von Rumah Budaya Sikukeluang an den Veranstaltungen beteiligt und leiten verschiedene Workshops.
Ergänzend zum künstlerischen Beitrag konnte für die Leitung der Ausstellung das renommierte Berliner Ausstellungsbüro TheGreenEyl gewonnen werden. Dieses gibt den verschiedenen Akteur*innen der Ausstellung – Menschen, Tieren und Pflanzen im indonesischen Regenwald – eine Stimme und gewährt Einblicke in die zahlreichen, interdisziplinären Forschungspraktiken, mit denen man vor Ort Daten erhebt und auswertet.
Auch wenn am 25. September 2022 die documenta fifteen und die Sonderausstellung im Forum Wissen enden – das Nachhaltigkeitsprojekt in Indonesien ist noch längst nicht vorbei.