Wie inszeniert man Vogelexponate, so dass sie wirken, als ob sie im nächsten Moment davon flattern? Wie rückt man sie ins richtige Licht und wie muss die Kamera eingestellt werden? Wie findet man Informationen zu diesen Objekten und wie veröffentlicht man sie anschließend auf dem Sammlungsportal? Und: Wie kommt das Pferdeskelett wohl zur Kamera, wenn die Kamera nicht zu ihm kommen kann? – Mit solchen kleinen und großen Herausforderungen haben wir, zwölf Studierende der Universität Göttingen, uns im Rahmen des Praktikumsprogramms „Wissensdinge online“ vier Wochen lang intensiv beschäftigt. Dabei haben wir spannende Einblicke in so manch neues Gebiet gewonnen und viel über „unsere“ Sammlungen gelernt.
Objekte kennenlernen und richtig behandeln
Im Fokus des Praktikums stand, sich in sieben universitären Sammlungen mit den Beständen vertraut zu machen und einzelne Objekte zu erschließen – das heißt, sie über das Sammlungsportal einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Schnell wurde deutlich, dass uns dabei nicht nur allerlei Kuriositäten in den Sammlungsbeständen, sondern auch kleinteilige Arbeitsschritte und so manch ungeahnte Herausforderung erwarten.
Als Studierende verschiedener Fachrichtungen konzentrierten wir uns jeweils auf eine der Sammlungen und nahmen uns dort einer Auswahl von unerschlossenen beziehungsweise unvollständig erfassten Objekten an. Mit von der Partie waren die Sammlungen der Zoologie, Ägyptologie, Ur- und Frühgeschichte, Ethnologie, Musikwissenschaft, die Nutztiersammlung sowie die Exlibris-Sammlung (gestempelte oder geklebte Besitzanzeigen in Büchern) in den Beständen der Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen.
Was man beim Umgang mit den teils empfindlichen und wertvollen Objekten beachten muss, wurde uns gleich zu Beginn des Praktikums in der Zoologischen Sammlung erklärt – und das ist eine ganze Menge! Denn der Schnabel des Storchs aus dem 19. Jahrhundert beispielsweise kann nicht nur abbrechen, sondern bei falschem Handling ernsthafte gesundheitliche Schäden nach sich ziehen, da seine Präparation Pestizide enthält.
Über die Tücken der Fotografie
Auch der Umgang mit dem professionellen fotografischen Equipment war anfangs eine Herausforderung. Manche Gegenstände waren so klein, dass ihre Details nur allzu gern ungesehen blieben. Die Vogelschaukästen aus dem 19. Jahrhundert erschwerten das Fotografieren beispielsweise durch spiegelnde Scheiben. Andere Objekte wiederum waren so sperrig und fragil, dass sie nur in einer Gemeinschaftsaktion fotografiert werden konnten. Da wurde das Skelett des Pferdes – auf dem angeblich schon Georg August durch die Wälder ritt – schon mal auf Rollen bewegt, um es vor die Linse zu bekommen.
Mit Recherche die Datenbanken füllen
Doch mit Fotos allein füllt man noch keine Datenbank. Daher wurden wir ausgiebig mit den Instrumenten der wissenschaftlichen Sammlungserschließung vertraut gemacht, damit die von uns bearbeiteten Objekte nicht nur für alle anzusehen sind, sondern auch alle wichtigen Kerndaten und Kontextinformationen zu den Objekten online zugänglich sind.
Warum die Digitalisierung der Sammlungsbestände eine so wichtige Aufgabe ist, wurde vor allem während der gemeinsamen Besuche in den unterschiedlichen Sammlungen deutlich: „Ich war überrascht davon, wie divers die Göttinger Sammlungslandschaft ist!“, stellte Praktikantin Johanna Andres fest. Viele Personen wissen schlicht nicht um die große Anzahl an Objekten, die sich hinter den Türen der Universität verbirgt. Nicht nur, dass es insgesamt über 70 Sammlungen an der Universität gibt, viele der Bestände bleiben den Besucherinnen und Besuchern verschlossen.
Möglichst viele der Objekte online zugänglich zu machen, ermöglicht hingegen einen ungehinderteren Informationsfluss und somit auch einen breiteren wissenschaftlichen Diskurs. Wie wir die Informationen über die Objekte finden und einpflegen, war in jeder Sammlung individuell – angefangen damit, dass es zwei grobe Objekt-Kategorien und analog dazu auch zwei Datenbanken gibt. So werden Bücher und archäologische Artefakte, also von Menschen Erschaffenes, in die Datenbank Kuniweb eingepflegt. Tierpräparate und andere natürlich entstandene Objekte hingegen werden in Naniweb organisiert. Nach und nach arbeiteten wir uns in die Gegenstandsbereiche und das dazugehörige Vokabular ein und füllten die Datenbanken während des Praktikums mit immer mehr Informationen.
Mehr Informationen zum Thema Digitalisierung findet ihr auch in dem Blogbeitrag zum Königlich Academischen Museum.
Den eigenen Horizont erweitern
Während des Praktikums konnten wir unser Wissen über Digitalisierungsprozesse immer weiter ausbauen. Einige können sich vorstellen, auch nach dem Studium im Bereich des Sammlungs- und Museumsmanagements zu arbeiten. „Daher wollte ich Einblicke in die Welt der Digitalisierungsarbeiten erhalten“, so Friederike Röpke. Aufgrund dieses Interesses war es auch kein Problem, mit Gegenständen zu arbeiten, mit denen wir als Fachfremde im Studium sonst nicht in Berührung kommen. Schließlich ging es vor allem darum, sich mit den Instrumenten der Digitalisierung vertraut zu machen. Trotzdem wurde die eine oder andere bisher unentdeckte Begeisterung für manche Objekte zutage gefördert, zum Beispiel bei der Arbeit mit den Exlibris aus dem 18. Jahrhundert. „Beim Umgang mit den Büchern entwickelt sich schon eine gewisse Faszination“, so Erich* Gier.
Im Abschlussgespräch waren sich alle einig: Das Praktikum hat uns nicht nur jede Menge Wissen vermittelt, sondern auch jede Menge Spaß bereitet!
Amelie May war Praktikanntin im zweiten Praktikumsprogramm der Zentralen Kustodie “Wissensdinge Online” zum Thema Digitalisierung.